Botulinumtoxin bei Hyperhidrose

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Hyperhidrose und Erythrophobie


- Überreaktionen des sympathischen Nervensystems -



Botulinumtoxin


Botulinumtoxin ist ein Protein, das vom Bakterium Clostridium botulinum produziert wird. Die Substanz kann nur unter Luftabschluss (Sauerstoffentzug) und bei höherem pH-Wert gebildet werden. Das bedeutet dass bei normalem Sauerstoffgehalt und in säuerlichem Milieu kein Botulinumtoxin entsteht. Außerdem wird es durch höhere Temperaturen (Kochen) inaktiviert.

Im Körper wirkt Botulinumtoxin als Nervengift, da es die Signalübertragung vom Nerv auf die Zielorgane (Muskeln, Schweißdrüsen, usw.) hemmt und auf diese lähmend wirkt. Normalerweise wird bei Ankunft des elektrischen Impulses an der Nervendendigung Acetylcholin abgegeben, ein Überträgerstoff (Neurotransmitter), der die Zellen des Zielorgans (Muskelfaser, Drüsenzelle etc.) aktiviert. Diese Freisetzung wird von Botulinumtoxin verhindert. In hoher Dosis kann Botulinumtoxin zu Atemlähmung führen. Es sind mittlerweile mehrere Subtypen bekannt, mit unterschiedlicher Molekularstruktur, Wirkungsart und -stärke. Typ A und B werden derzeit in der Medizin verwendet.

Haupteinsatzgebiet sind Zustände, die durch krampfende Muskeln oder überaktive Schweißdrüsen gekennzeichnet sind (Lidkrampf - Blepharospasmus, Schiefhals, Schielen, spastische Zustände bei Zerebralparese oder Querschnittsläsionen, Analfissuren, u.ä.). In der kosmetischen Medizin werden Gesichtsmuskeln, die für die Mimik zuständig sind und zu Faltenbildung führen, mit Botulinumtoxin gelähmt, um eine Entspannung der Gesichtshaut zu erlangen.

Wirkmechanismus

Die Nervenendigung enthält in kleinsten Bläschen den Überträgerstoff (Neurotransmitter) Acetylcholin. Diese Bläschen vereinigen sich bei Ankunft des elektrischen Signals des Nerven mit dessen Membran und das Acetylcholin wird ausgestoßen (Exozytose). Der Überträgerstoff erreicht so die Schweißdrüsen und aktiviert diese.


Das Toxin des Bakteriums Clostridium botulinum ist in der Lage, einige Proteine innerhalb der Nervenendigung zu neutralisieren. Dadurch wird die Exozytose von Acetylcholin blockiert. Ein Signal des Nerven wird nicht mehr an die Schweißdrüsen weitergegeben und damit wird das Schwitzen gehemmt. Diese Lähmung der Schweißdrüse dauert in der Regel mehrere Monate. Erst danach nimmt die Nervenendigung langsam wieder ihre Tätigkeit auf und bekommt die Fähigkeit zurück, Acetylcholin freizusetzen, wodurch das Schwitzen langsam wieder zunimmt.


Methode und Ergebnisse

Die Therapie besteht in mehreren subdermalen Injektionen (Quaddelung in der obersten Hautschicht) minimalster Mengen des Toxins, so dass die Substanz gleichmäßig über die vom Schwitzen betroffenen Hautfläche verteilt wird. Die Gesamtdosis beträgt bei axillärer Hyperhidrose 50 U Onabotulinumtoxin pro Achselhöhle.

Vor der Behandlung: 30 Sekunden nach Trocknen der Achselhöhle bereits wieder Tröpfchenbildung in der Mitte

Nach der Behandlung: regelmäßig verteilte Quaddeln


Die hemmende Wirkung dauert im Schnitt ca. 5-8 Monate, nach denen das Schwitzen wieder beginnt und meist sehr langsam zunimmt. In vielen Fällen wird auch nach einem Jahr nicht das Niveau der anfänglichen Hyperhidrose erreicht. Folglich genügt bei der Mehrzahl der Patienten eine jährliche Behandlung, vorzugsweise am Beginn der warmen Jahreszeit. Leider ist diese Behandlung bei einem kleinen Prozentsatz der behandelten Fälle (ca. 5-10%) nicht so lange wirksam, meist aufgrund der Anwesenheit hohen Antikörpertiter gegen das Toxin. In einigen Fällen von schwacher Wirkung kann durch die Verwendung einer höheren Dosis doch die gewünschte Wirkung erzielt werden.

Vor- und Nachteile

VORTEILE
- der Hauptvorteil dieses Verfahrens besteht in der fast vollständigen Abwesenheit von Nebenwirkungen, insbesondere eines problematischen kompensatorischen Schwitzens
- mögliche Nebenwirkungen sind von vorübergehender Natur
- ambulante Durchführung der Behandlung

NACHTEILE
- hohe Kosten der Substanz
- kein endgültiges Ergebnis
- ohne geeignete Anästhesie an Händen und Füßen ziemlich schmerzhaft
- vorübergehende Schwäche der Handmuskulatur mit Auswirkungen auf feine Bewegungen
- mögliche Störungen der Mimik bei Anwendung im Gesicht (Lähmung der Gesichtsmuskeln)

Anwendung des Botulinumtoxins

Botulinumtoxin stellt heute die Therapie der Wahl bei der Behandlung von übermäßigem Achselhöhlenschweiß dar, wenn Antitranspirantien entweder keine zufriedenstellende Wirkung zeigen oder die Behandlung aufgrund von Hautirritation abgebrochen werden muss.
Bei dieser Art der Hyperhidrose neigt man heute dazu, die chirurgischen Verfahren wenn möglich zu vermeiden. Die lokale Entfernung der axillären Schweißdrüsen durch Aspirationskürettage wird nicht selten durch Rückfälle belastet, bei der Totalexzision kommt es unweigerlich zu kosmetisch unansehnlichen Narben. Nach einer Sympathikus-Chirurgie (ETS) ist meist ein in der Stärke variierendes kompensatorisches Schwitzen am Rumpf die Folge.
Bei korrekt durchgeführter Behandlung der Achselhöhlen mit Botulinumtoxin gibt es hingegen kaum Nebenwirkungen.

Botulinumtoxin kann dagegen aufgrund entscheidender Nachteile zur Behandlung des Handschweißes nicht empfohlen werden.

  • Die Behandlung erfordert 40-80 Injektionen pro Hand, eine ziemlich schmerzhafte Prozedur, welche die Meisten nicht ohne Leitungsanästhesie (Blockade des Nervus ulnaris und medianus sowie Infiltration des oberflächlichen Asts des N. radialis in der Höhe des Handgelenk) oder intravenöser Regionalanästhesie ertragen.
  • Die Substanz kann auch in oberflächliche Anteile der Handballenmuskulatur (Thenar - Daumenballen, Hypothenar - Kleinfingerballen) eindringen, welche dadurch oft teilgelähmt werden, was zu einer über ein paar Wochen andauernde Schwächung der Hand führen kann. Bei manchen Patienten wurde nach wiederholten Behandlungen eine dauerhafte Schwächung beobachtet, welche auch nach endgültigem Absetzen der Infiltrationen mit Botulinumtoxin bestehen blieb.
  • Die Wirkung der Behandlung ist zudem oft unzureichend und lediglich über einen begrenzten Zeitraum (3-5 Monate) wirksam.
  • Auf Dauer werden die Kosten oft unzumutbar (für jede Hand wird je eine Ampulle benötigt, d.h. 100 UI Botox pro Hand).

Für die Behandlung von Fußschweiß ist Botulinumtoxin völlig ungeeignet und sinnlos, da die Substanz beim Auftreten großteils von der Fußsohle weggedrückt wird, und daher von den Nervendigungen gar nicht erst in ausreichender Menge aufgenommen werden kann.